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Sprache


Flamenco
Der Feuertanz
Am Flamenco scheiden sich die Geister. Was dem einen als arabisches Gejammer erscheint, ist für den anderen ein musikalischer und seelischer Hochgenus. Obwohl der Flamenco im Ausland mit Spanien identifiziert wird, lässt er auch viele Spanier kalt weil sie nichts damit anfangen können. In jüngster Zeit hat der Flamenco wieder einen enormen Aufschwung erfahren.
Über den Ursprung des Wortes Flamenco
bestehen viele Theorien: Wörtlich übersetzt heißt Flamenco
"Flämisch". Als der ungestüme Karl V. mit seinem lärmenden
Gefolge 1517 von den Niederlanden nach Spanien kam, hätten die
vornehm steifen Kastilier das Wort als Bezeichnung für
ungehobeltes Benehmen geschaffen, heißt es, und später auf die
ungestüme Musik der Zigeuner übertragen.
Nach einer anderen Theorie sei Flamenco die Verballhornung des
arabischen Wortes "Felag Mengu" (flüchtiger Bauer), da
der Flamenco stets mit den umherziehenden Zigeunern in Verbindung
gebracht wurde.
Das, was für unsere mitteleuropäischen Ohren so seltsam klingt,
ist das orientalische Erbe des Flamenco: Die beschwörende
Wiederholung eines einzelnen Tones sowie die Gleittöne und Tonhöhen,
die die westliche Tonleiter nicht kennt. Wer Flamenco singt, muss
keine schöne Stimme haben, nur ausdrucksvoll muss sie sein. Der Sänger
muss die ganze Gefühlsskala vom tiefsten Schmerz, brennendem Hass,
glühender Eifersucht, tiefster Einsamkeit und leidenschaftlicher
Liebe vermitteln können.
Man nennt diese am engsten mit den Zigeunern verknüpfte
Gesangsform "Cante Hondo" (inniger Gesang). Wer das Glück
hat einen spontanen, echten Cante Hondo zu erleben, dem geht er
unter die Haut. Auch ohne die Worte recht zu verstehen , weiß
man, wovon die Rede ist.
Neben der Cante Hondo wird auch noch der Cante Chico gesungen, die
spritzigen, schnellere und fröhlichere Variante. Zu den
beliebtesten Gesangsformen des Cante Chico gehören die Bulerias,
eine wahre Herausforderung für Sänger, Gitarrist und Tänzer.
Nur wenn der Flamencokünstler Duende (Geist, Dämon)
besitzt, wirkt seine Darbietung echt. Es muss er sich mit dem
Gesang und dem Inhalt identifizieren können. Das kann soweit
gehen, dass in bestimmten Augenblicken die Beziehung zwischen Künstler
und Werk nicht mehr dem eigenen Willen unterworfen ist, sondern
durch eine Offenbarung, eben dem Duende bestimmt ist. Die
aufmunternden Zurufe und das rhythmische Klatschen der keineswegs
unbeteiligten Zuschauer tun ihr eigenes dazu. Das bekannte ¡Ole!
Ist übrigens vom arabischen Allah! Abgeleitet, das einst die
arabischen Tänzer und Musiker anfeuerte.
Leider gibt es bis heute zwei
Formen des Flamenco: Der eine, der auf dem Duende basierte, und
der andere, der auf dem Geld basiert. Aber das ist vielleicht
nicht schlecht, denn ohne die erste oder zweite Form hätte der
Flamenco als Ganzes nicht überlebt.
von Margit Kunzke