Um Spanien, die spanische Kultur oder auch Spanier zu verstehen, muss man über das Land, dessen Geschichte und das aktuelle politische System einiges Wissen. Das hört sich jetzt ganz simpel und einfach an, ist es jedoch nicht. Denn Kultur und politisches System schulden sich einander, man kann sie nicht getrennt betrachten. Und da stellt sich dann auch schnell die Frage, was war früher da, das Ei oder die Henne?
Wie gesagt, es gibt verschiedene Facetten, die berücksichtigt werden müssen, einige kann man zum Glück klar benennen.
Spanien war lange Zeit eine Kolonie und dementsprechend ein fremdregiertes Land, das erst durch die Reconquista seine Selbstständigkeit zurückerlangte. Aber damit wurde es nicht gleich als gleichwertiges christliches Land anerkannt wurde. Die empfundene Minderwertigkeit wurde durch Kolonialismus in der „neuen Welt“ zu kompensieren versucht.
Ein weiterer Aspekt, den man nicht unterschätzen sollte ist die Inquisition. Die Inquisition hat in Spanien so lange gedauert wie in keinem andern Land. Es waren 400 Jahre und zahlreiche Generationen. Mit der Inquisition gingen verschiedene Erfahrungen, Wissen und auch Ideale verloren.
Nach der Inquisition folgte keine Demokratisierung, wie in vielen anderen Regionen in dieser Zeit. Es wurden Parteien gebildet, aber das alte System wurde nicht abgeschafft. Es gab keinen Wandel, keine Erneuerung, auch wenn es Hoffnungen gab. Diese Zeit mündete in einem Bürgerkrieg. Der Bürgerkrieg hat Spanien noch tiefer gespalten, als es schon gespalten war und es hat das Land vom Rest Europas getrennt.
Der Bürgerkrieg endete in einer Diktatur, die erst 1975 mit dem Tod des Diktators endete. Darauf folgte eine friedliche Transition zur parlamentarischen Erbmonarchie. Seitdem leitet der König sein Land und das Parlament regiert. Es wird zwischen dem Staatsoberhaupt und dem Regierungschef unterschieden.
Dies Aspekte der Geschichte sind allen bekannt, aber ihre Folgen werden nicht als bis auf die heutige Situation gültig angesehen. Die Erfahrungen der Geschichte prägen nicht nur die direkt betroffenen, sondern auch deren Nachkommen. Wer nun Spanisch lernt, muss von all dem wissen, um die Sprache und die Menschen zu verstehen zu können.
Bernecker, Walther L.: Spanische Geschichte. C.H.Beck, 2001.